Monika Frank
Die in
Lübeck geborene und im lnnviertel aufgewachsene Künstlerin
sammelt,
zerschneidet, zerteilt, zerreißt -
spachtelt,
druckt, trägt auf, überträgt, pinselt -
verflechtet
nimmt auseinander, fügt zusammen -
Was allein
wie die Beschreibung eines künstlerischen Arbeitsprozesses anmutet, ist bei
Monika Frank
gleichzeitig Programm.
Schon lange-
eigentlich seit Beginn ihres kreativen Schaffens dreht sich bei ihr alles
um das Thema
Verflechtungen-sei dies im abstrakten übertragenen Sinne oder in ganz
konkreter
Art und Weise. Nannte sie selbst ihre ersten Serien Farbfangnetze oder
Raumverschneidungen,
so beschloß sie ab 1992 ihr gesamtes Werk als eine
Beschäftigung
mit dem Thema VERFLECHTUNGEN zu bezeichnen.
Verflechtungen
und Vernetzungen prägen unsere Wahrnehmung, unsere Kommunikation
und unsere
Sicht der Welt. Schon die Gehirnzellen von Ungeborenen verschalten und
verflechten
sich millionenfach zu Synapsen, um die Welt um uns herum erkennen und
interpretieren
zu können. Dieser Prozess ist letztlich nie abgeschlossen.
Und da
Monika Frank diesen Begriff für sich ebenso weit interpretiert, ermöglicht ihr
diese
Sicht von
Verflechtung eine große Bandbreite an kreativen Schaffens- und
Einsatzmöglichkeiten.
Verflochten
werden bei ihr sowohl verschiedene Materialien oder Techniken als auch
Themen, die
unser Zusammenleben betreffen und unser Umfeld prägen.
Einige
Zyklen seien hier beschrieben:
Ihre
Verflechtungen mit Lacken zeigen klassische Verflechtungsstrukturen, die
uns an
Techniken
der Textilverarbeitung erinnern. Horizontale und vertikale Lack-“fäden” kreuzen
sich und
schließen sich zu einer textil anmutenden Einheit zusammen. Dargestellt sind
diese wie
mikroskopische Vergrößerungen, wobei die zähe Qualität von Lack von der
Künstlerin
in schönster Weise zum Einsatz gebracht wird.
Bei ihren
Trauerweidenverflechtungen arbeitet sie an großen Materialobjekten, die
sie aus
Weidenästen
und Draht zusammenbindet. Neben Hommage an alte
Handwerkstechniken
bedeutet das Flechten mit Weidenruten auch die Natur, die sie
so sehr
liebt, mit den Händen be-greifen zu können.
ln den
Holzschnittverflechtungen dreht sich alles um die Überlagerung
verschiedener
künstlerischer
Techniken. Ausgangspunkt ist dabei der Holzdruck, bei dem Monika Frank
Holzschnitte
in unterschiedlichen Formen anfertigt und einsetzt.
lhre
Lifetime-Verflechtungen hingegen handeln von ganz persönlichen Geschichten und
Erlebnissen
der Künstlerin, Erinnerungen, die sie anhand von historischen Artefakten
in Bildern
bzw. Bildobjekten einfriert und damit- im wahrsten Sinne des Wortes - festhält.
Dabei muß
sich für die Betrachterlnnen nicht unbedingt jene persönliche Geschichte der
Künstlerin
enthüllen. Und dennoch fasziniert die eingearbeitete und erinnerungsgeladene
Reliquie und
läßt die Bedeutsamkeit erahnen, die sie allein durch die Kraft der Ästhetik
ihrer Form
zu vermitteln vermag. Als Beispiel solch eines Lifetime-Erinnerungsstückes
kann etwa
jener Vorhang aus dem Atelier eines Künstlerkollegen dienen. Durch Leim und
monochrome
Farbe zum Erstarren gebracht und in einem großen Rahmen festgehalten,
besticht uns
jener Vorhang durch seine bloße Textilstruktur. Er bringt so zum Ausdruck
was Monika
Frank mit der Qualität von Objekten und verflochtenen
Sinnzusammenhängen
anstrebt.
Seit dem
Jahr 2000 beschäftigt sich die Künstlerin auch mit Camouflagen, ein
Begriff der
Irreführung,
Täuschung und Tarnung oder wie sie selbst sagt für Verdecken, Verhüllen
und
Verändern steht. Dazu gehören ihre Pappmache-Objekte und das Arbeiten mit Sand
und Leim und
- besonders wichtig - Fundstücke aus dem Alltag. Auffällig ist, wie sehr sie
in diesen
Arbeiten die Farbe zurücknimmt, die in all ihren anderen Bildern als sehr
kraftvolles,
farbenfrohes und lebendiges Element wirkt. Denn charakterisiert wird diese
Werkserie
durch ihr monochromes Erscheinungsbild. Die Werke erinnern an die
archäologischen
Gipsabdrücke der “schlafenden Toten Pompejis". Ihre Objekte
scheinen
ihrer Zeit entrückt und entrissen zu sein, was dazu zu dienen scheint, den Sinn
und die
Funktion der Alltagsgegenstände in andere Zusammenhänge zu verflechten und
neu zur
Diskussion zu stellen.
In ihren
Chaosverflechtungen treffen sich Malerei und Collage. Zu dem stehen
erneut
die Farben
im Mittelpunkt. Bunte Farbspuren kreuzen sich und geben Teile von
Zeitungsartikeln
und verschiedenen Schriftbildern frei.
ln ihren
Straßenverflechtungen begibt sich die Künstlerin bewußt auf eine Spurensuche
durch die
Großstadt. Was die aufmerksame Beobachterin an Strukturen, Zeichen und
Codes des
städtischen Raumes sammelt, sind beispielsweise Abdrücke von Schuhsohlen,
Kanalgitter,
Verkehrsschilder und Leuchtreklamen. Dies alles sind Informationen - Zeichen
zur
Orientierung oder komplexe Handlungsanweisungen (z.B. Ampelmännchen) und
zeugen
davon, wie wir unser Gemeinschaftsleben in der Stadt regeln und leben. Schicht
um Schicht
lagert die Künstlerin diese Zeichen übereinander und verflechtet sie mit
dem
Einsatz von
Signalfarben rot, grün und gelb zu einem städtischen Stimmungsbild.
Erdschattenverflechtung
(Serie in Arbeit)
Sie ist eine
Sammelnde. Bei ihren ausgedehnten Spaziergängen in der Stadt- am
liebsten mit
ihrem ständigen treuen Begleiter, einem Hund - sammelt sie Artefakte
ihres
Umfeldes, Materialien des Alltages und Objekte der Erinnerung - all dies dient
den
Stoffen aus
denen Geschichten und Träume und viele ihrer Bilder sind. Diese Dinge haben
bestimmte
Qualitäten, die nur denjenigen auffallen, die wie Monika Frank ein
außergewöhnlich
feines Gespür dafür haben. Was macht die Qualität eines Fundstückes
aus ? Schwer
zu sagen. Es muß wohl die Ästhetik der Form und des Materials an sich
sowie das
dem Fundstück innewohnende und damit verknüpfte Assoziationspotential sein,
das unsere
Vorstellungskraft inspiriert und zum Geschichten erzählen einlädt.
So findet
man in ihrem Atelier und der gefüllten Werkstatt rostige wundersame Dinge,
aus
vergangener Zeit - geduldig wartend auf ihren Auftritt.
Doch Monika
Frank ist auch eine Suchende - auf der Suche nach dem Ultimativen, dem
Letztgültigen,
um ihr Schaffen voranzutreiben. Stets ist sie damit beschäftigt neue
Materialien
und eigenwillige Techniken auszutesten, rastlos, unbeirrt und konsequent. Wie
ein Schwamm
saugt sie Zeichen, Sinnzusammenhänge und Stimmungen aus ihrer
Umgebung
auf, verdaut sie und verändert sie, um neuen Sinn zu stiften, das scheinbare
Chaos der
Welt und ihre Verflechtungen, gleichwohl liebend wie neu ordnend.
Mag. C. Kragulji MAS